Ja ja, das Jahr geht mit rasche Schritte auf sein Ende zu. Acht von insegsamt 12 Monate liegen bereits hinter uns, wieder sind wir ein Stück näher an unsere Rente gekommen. Ist das nicht wunderbar?

Am Wochenende auf Langeoog hatte ich viel Zeit zum Nachdenken. Die Gelegenheit zu Fotografieren war nicht ganz so gegeben wie erhofft, aber ich habe einiges ausprobieren können. Leider habe ich im Augenblick keine Bilder greifbar, aber sobald ich welche habe, werde ich hier mal etwas einstellen.

Im Grunde genommen fehlte es mir irgendwie an Motive. Die Zeiten wo man einfach Menschen fotogrfieren konnte ohne sofort eine Diskussion um Datenschutz auszulösen sind schon lange vorbei. Menschen posten zwar alles Mögliche und vor Allem Unmögliche selbst, wenn sie dann einmal irgendwo auf ein Bild festgehalten werden, schreien sie sofort auf. Das Perverse dabei sind nicht die Bilder, sondern die Schizofrene Haltung dazu. Jeder Arm muss verlängert werden, damit das Telefon genügend Abstand bekommt um auch die dickste Personen zu erfassen, während eine normale Fotokamera sofort als „professionell“ bezeichnet wird und die Bilder damit -so erscheint es jedenfalls wenn man die Reaktionen verfolgt- pervertiert sind.

Es ist jetzt mehr als einem Jahr her, dass ich in ein Fotoalbum aus den 20-er Jahre Aufnahmen von fröhliche Kinder beim Spielen sah. Sie waren gänzlich nackt und völlig unbefangen. Die anwesende Erwachsenen vergnügten sich bei Kaffee oder Tee und Kuchen, die nackte Kinder waren völlig normal und auch die Tatsache, dass sie auf Bilder erschienen waren nichts verwerfliches. Nicht einmal ein heimliches Verlangen des Fotografen, denn die Bilder klebten einfach in ein Familienalbum. Es war einer dieser Kidner die uns diese Bilder zeigte, völlig ohne Scham oder Schuld, sondern in der Erinnerung an ein unbekümmerte Jugend.

Sollten wir uns, als Gesellschaft, da nicht einmal fragen was uns so ängstlich macht und ob wir nicht viele unsere Freiheiten opfern um vermeintliche Sicherheit zu bekommen? Lieber schweigen las das Risiko ausgesetzt zu sein zu seiner Meinung zu stehen? Lieber nichts machen als gegen die Regeln nur Weniger verstoßen und dann beschmipft zu werden?

Twiggy, für die Jüngere LeserInnen, das war einmal ein Fotomodell, durchbrach das Bild der gerundeten Frau und ersetzte es von ein bekleidetes Skelett. Leitete damit vielleicht eine erste Welle der Schlankheitswahnsinn ein. Frauen gemahlt von den alten Meistern waren Tabu, schlank war noch zu fett. Und wer sich dagegen wehrte wurde öffentlich beschämt.

Ein Vorgang die zunahm mit der Entstehung von (a)soziale Medien. Bilder die „das Ideal“ verbreiten und woran jeder sich orientiert.

Was die wenigsten sich realisieren, so scheint es jedenfalls, mit der zunehmende Macht der (a)soziale Medien in unsere heutigen Gesellschaft, kombiniert mit der Internationalisierung eben dieser Gesellschaft, unsere Freiheit wird immer mehr eingeschränkt. Rosa Luxemburg meinte schon, dass Freiheit immer die Freiheit der anders Denkenden ist, aber inzwischen muss man sich die Frage stellen, ob Denken nicht das letzte Privileg der Freien ist? Gibt man nicht seine Freiheit auf, wenn man aufhört selbst zu denken? Auch wenn selbst Denken bedeutet, dass man Verantwortung übernimmt für das, was man sagt und schreibt?

Und damit schließe ich wieder den Krei zu den Bildern aus dem letzten Jahrhundert. Die Menschen die auf diese Bilder so unbekümmert genießen konnten, die Kinder die einfach sein dürften, den Fotografen der die Bilder machen konnte ohne sofort als Abartig (dis)qaulifiziert zu werden, sie lernten nicht viel später die harte Folgen der aufgegebene Freiheit kennen. Krieg und Zerstörung als Lohn dafür, dass die Gesellschaft einen Rattenfänger folgten.

Heute sehen die Rattenfänger anders aus. Keine braune Hemde, kein kleiner Schnurrbart oder hetzende Reden auf ein Versammlungsplatz in Nürnberg oder Berlin. Nein, heute finden diese Versammlungen in digitaler Form statt. Ist man ohne einer eigene Seite beim Gesichterbuch nicht wirklich präsent, kann man nicht existieren, wenn man sich nicht an deren Regeln zuhalten wünscht.

Und das ist die Gefahr die lauert. Die gleiche Gefahr die damals diese unschuldig spielende Kinder bedrohte zu einem Zeitpunkt wo nur wenige Menschen die Gefahr kommen sahen.

Und darüber habe ich nachgedacht, als ich auf Langeoog keine Bilder gemacht habe. Und wie sehr hoffe ich, dass ich absolut falsch liege.

Olav