Ich weiß nicht, ob Sie diese Redeweise kennen, aber es heißt soviel wie „Du kannst Vieles aufschreiben, auf dem Tun kommt es aber an“.

Das kennen Sie bestimmt. Schauen wir auf die Politik und die schöne in Hochglanz gedruckte Prospekte wenn der nächste Wahl nähert. Versprochen wird das Blaue vom Himmel und noch mehr, was dabei am Ende umgesetzt wird, steht auf einem anderen Blatt. Ein Teil der Versprechen verschwindet schon von der Tagesordnung wenn das Machtpokerspiel namens Koalitionsverhandlungen gespielt wird, weitere verschwinden möglichst unauffällig während man regiert. Fragt man konkret nach, wird ausgewichen, mit Zahlen jongliert, auf die schwierige Lage und ich weiß sonst nicht was verwiesen.

Zum Glück gibt es aber auch andere Situationen. Dort wo weniger aufgeschrieben aber umsomehr gelebt wird. Ich kenne solche Menschen in meiner Umgebung. Stärker noch, werden sie aufgefordert ihre Taten in Konzepte zu fassen, damit die so papiergewandte Politiker sich ohne aus ihre Schutzhülle heraus kommen zu müssen ein vermeintliches Bild machen können tun sie sich schwer.

Schön steht in Konzepte und Satzungen auch immer, wenn man aus der soziale Verantwortung heraus handelt. Das heißt: Wir sind uns bewußt, dass wir in unsere Gesellschaft eine Verantwortung haben und wollen diese ebenso bewußt in unser Handeln zeigen.

Und da kommt dann wieder die endlose Geduld des Papiers um die Ecke. Wie viele Vereine, Gruppen und Betriebe haben das geschrieben und setzen es auch um? Ich kenne keine ganue Zahlen, weiß aber aus eigener Erfahrung, dass die Chance sich an seine eigene Worte zu erinnern kleiner wird, wenn die wirtschaftliche Interessen größer werden. Ein kleiner Arbeitgeber mit 30 Angestellten, so ein Betrieb wo jeder jeder kennt und der Bratwurst beim Grillen im Sommer noch vom Chef bezahlt wird, wird sich eher an seine Worte erinnern und daran erinnert werden wie ein Arbeitgeber mit 100 Beschäftigten, wo man oft die Gesichter, nicht aber mehr alle Namen kennt. Geschweige denn ein Betrieb mit 500, 600 oder noch mehr Beschäftigten.

Komischerweise habe ich das Gefühl, dass sich das Bewußtsein um nicht nur die Verantwortung sondern auch um das was man einmal aufgeschrieben hat plötzlich wieder erwacht, wenn ein Betrieb riesig wird. Es wäre böse zu unterstellen, dass es nur erwacht, weil man die als Marketingstrategie natürlich auch verwerten kann, das ist eher ein Nebeneffekt (hoffe ich in meiner Naivität jedenfalls).

Letztens stand in der Zeitung, dass ein großer privaten Träger von Kindergärten fordert, dass mehr Personal ausgebildet wird. Ich habe ganz frech einmal nachgefragt, was sie denn selbst unternommen hat um Personal zu gewinnen. Haben sie sich bei den Tarifverhandlungen für eine bessere Bezahlung des Personals eingesetzt oder haben sie mit dem Argument der schlechten Wirtschaftslage „gratis ist noch zu teuer“ argumentiert? Kann jemand der bei ihn beschäftigt wird und vollzeit arbeitet von seinem Gehalt leben oder muss der Partner oder ein zweiten Job den Lebensunterhalt der Familie (mit) sichern?

Und wie sieht es dann aus, wenn endlich die Tarifverhandlungen abgeschlossen sind, alle Papiere fertig und es auf die Nachzahlungen ankommt? Macht man das dann auch für die Leute die inzwischen nicht mehr beschäftigt sind weil ihre prekäre Beschäftigung nicht länger benötigt wurde? Erinnert man sich da dann auch an seine soziale Verantworung, oder vergißt man die einfach, weil es bequemer ist und man die Arbeit nicht leisten möchte?

Fragen über Fragen die man auf Papier gerne stellen kann. Das Papier wehrt sich nicht, denn es ist ja so geduldig.

Viel geduldiger als manche Menschen.

In diesem Sinne,

 

Olav