Aus den Erzählungen meiner Eltern und ältere Geschwister geht hervor, dass einer der Gründe warum meine Eltern in 1964 die Erdgeschosswohnung Amsterdam tauschten für ein Haus in einer Gemeinde etwa 25 km nördlich der Stadt war, dass die Ratten durch die Kanalisation ins Haus kamen. Andere, auch jüngere Erzählungen, nicht nur aus Amsterdam, geben begründeten Anlass dafür, diese Geschichte als zutreffend zu sehen.

Allerdings war das sicher nicht der einzigen Grund. Die Wohnung in Amsterdam war klein, und selbst wenn die Ratten den Weg ins Haus nicht gefunden hätten, dann fühlten sie sich im kleinen Garten hinterm Haus anscheinend auch wohl, was neben baulichen Gründe sicherlich auch damit zusammenhing, dass mein Vater einige Hühner im Stall hielt.In Wormer, das Dorf wo wir dann hinzogen, war die Situation besser. Das Haus war neu, die Ratten hatten keinen Weg ins Haus. Allerdings gab es soviel Wasser und Landwirtschaftsbetriebe, dass auch da die Sichtung von Ratten nichts ungewöhnliches war.Wer schon einmal eine Ratte gesehen hat, kann der Meinung sein, dass es ein nettes, kleines und intelligentes Tierchen ist. Wieso sollte man also etwas gegen diese Tiere unternehmen? Jagen ist sinnlos, zumindest hier in Europa werden sie in der Regel nicht auf Speisepläne angeboten, warum also sollte man sich die Mühe machen?

Die Antwort ist einfach. Ratten sind Schädlinge. Sie verursachen Schäden an Gebäuden und Einrichtungen, untergraben Deiche und gefährden somit den Schutz des Landes für Hochwasser und, nicht weniger gefährlich als die andere Probleme die sie verursachen, sie übertragen gefährliche Erkrankungen. Das ist der Grund warum Ratten also bekämpft werden, werden müssen sogar, denn wenn man nichts unternimmt, übernehmen sie eher früher als später, die Herrschaft über dem Grundstück wo sie ihre Bauten haben.

Betrachten wir unsere Gesellschaft ebenfalls als ein Grundstück, wo wir mit viele Menschen zusammen leben, dann könnte die Demokratie das Haus sein in dem wir alle unterkommen. Davon ausgehend, dass dort wo es Menschen gibt, sich früher oder später auch Ratten ansiedeln werden, kann es also nicht anders ein, dass auf unserem Grundstück „Gesellschaft“ auch Ratten gibt. Ratten die unser Haus, die Demokratie, bedrohen. Auch, oder vielleicht sogar weil, sie so nett, fleißig und intelligent erscheinen. In der Öffentlichkeit sieht man sie nicht oder kaum, aber sie untergraben systematisch die Deiche die wir um unser Haus der Demokratie gebaut haben. Und sie verbreiten sich viel schneller als man es sich denken kann, dabei gefährliche Krankheiten wie Rassismus oder Faschismus verbreitend. Krankheiten die, bis sie ausbrechen, die Demokratie und Gesellschaft unterwandern und schwächen, bis zu dem Punkt, wo sie diese wunderbare Haus der Demokratie erheblich gefährden.

Das Problem bei den Ratten in unsere Gesellschaft aber ist, dass sie so gut getarnt sind, dass man sie nicht so schnell erkennt. Sicher, es gibt da eine große Ratten die ihr braunes Fell nur zu gerne zeigen und glänzend aufpoliert in der Öffentlichkeit erscheinen. Obwohl gut erkennbar sind sie nicht weniger gefährlich, denn ihre Reden sind so geschickt, dass man schon genau zuhören muss um zu erkennen, welchen Gefahr davon ausgeht.

Schwieriger sind aber die Ratten, die sich ihre Umgebung nach außen hin so wunderbar angepasst haben. Sie scheinen harmlos, auch wenn man bei manches was man hört den Geschmack von böses Gift zu schmecken meint. Sie bilden die große Gruppen von Unterstützer, sie sind es, die am Ende die glänzende Ratten in der Öffentlichkeit ein Podium und Mittel geben ihre zerstörende Arbeit in der Demokratie zu erledigen.

Was kann man aber dagegen machen? Wenn ich überlege welche Mittel ich als wirksam in der Bekämpfung von Ratten sehe, kommen mir einige effektive Mittel im Kopf.

Zunächst ist da die Information und geschichtliche Bildung. Wer weiß, wie sich die Ratten früher verbreitet haben, damals, als sie die Gesellschaft in sein Fundament erschüttert und Demokratie fast umgebracht hatten, erkennt schneller die Momente, wo sie ihre zerstörende Arbeit beginnen. Wer schon einmal gesehen hat, wie ein Deich durchbricht wenn auch nur wenig Wasser den Weg dadurch gefunden hat, versteht was ich meine. Sobald man sieht dass Wasser durchsickert muss man was unternehmen, sonst bekommt man die Probleme nicht mehr im Griff. Wachsamkeit bei alle Bewohner des Hauses ist also gefordert. Gleiches gilt wenn es also um die Ratten unserer Gesellschaft geht, jeder der in dieser demokratischen Gesellschaft lebt sollte seine Ohren und Augen für die Ratten offen halten.

Erkennen aber wann sie genau auftauchen kann nur der, der entsprechende Information hat und diese nutzt. Das ist eine Kernaufgabe des Bildungssystems. Kenntnisse wie Lesen, Schreiben und Mathematik sind in einer Demokratie genauso wichtig wie Geschichte und Geografie. Die erste drei bilden das Fundament, geben Zugang zu Information, die beide letzteren sind die Disziplinen die diese Information in einen Kontext bringen und erkennen lassen, wo Parallele zur Geschichte zu sehen sind. Nur im Kontext der Geschichte wird deutlich, wo Leute wie Le Pen, Orban, Wilders, Höcke, Magnitz und alle anderen Vertreter der braunen Spezies uns hinführen wollen.

Und dagegen müssen wir uns wehren, von Anfang an, nicht erst, wenn das Land in Flammen steht, die Gesellschaft fast unter die von den Ratten verbreitete Krankheiten und Zerstörung unter geht.

Heute schon, und nicht morgen erst, den jeder nicht genutzte Tag bei der Bekämpfung von Ungeziefer und Schädlinge ist ein verlorenen Tag.

In diesem Sinne,

Olav